Seitdem Stringwalking im Blankbogen-Bereich immer populärer wird, passiert dort auch technisch einiges. Ein Hauptproblem beim Stringwalking war und ist die Pfeilauflage, speziell auf kürzere Entfernungen, bei denen der Schütze ein gutes Stück unterhalb des Pfeils abgreifen muss. Die Folge ist, dass der Pfeil beim Schuss starken Druck von oben auf die Pfeilauflage ausübt.
Das hat zwei Effekte. Verschleiß ist einer davon. Ein fester Auflagefinger wird durch diesen Druck stark belastet und neigt mit der Zeit zum Brechen. Ist mir bei meinem alten Spigarelli-Mittelteil innerhalb eines Jahres zwei Mal passiert. Ein weiterer Effekt ist, dass der Pfeil beim Schuss von der Auflage nach oben katapultiert wird, je kürzer die Distanz und je tiefer der Abgriff, desto stärker der Effekt. Das muss der Schütze einkalkulieren und bei seinen Abgriffen berücksichtigen. Was aber nichts daran ändert, dass dieser Federeffekt einen nicht konstant einkalkulierbaren Effekt auf den Pfeilflug hat.
(Spigarelli Z/T: der dicke Auflagefinger klappt zwar seitlich weg, das Hochfedern des Pfeils bei kurzen Entfernungen und langen „Crawls“ wird aber nicht verhindert)
In den meisten Fällen wurde bisher mit einem dickeren Auflagefinger zumindest dem Verschleiß entgegen gewirkt, wie beispielsweise bei der fast schon legendären Spigarelli Z/T Auflage, sowie einigen mehr oder minder baugleichen Modellen anderer Hersteller. Derweil geht der Trend zu Fallaway-Auflagen, die beim ersten Druck durch den Pfeil wegklappen. Bestes und wohl etabliertestes Beispiel ist die Gabriel Bi-Drop, deren Auflagefinger seitlich nach untern wegklappt, sobald Druck auf den Draht kommt, und dann über einen Magnetmechanismus wieder hochklappt. Hierbei kann es allerdings sporadisch passieren, dass der Pfeil durch das Hochfedern noch einen kleinen Schlag mitbekommt, speziell bei unsauberem Lösen.
Michael Meyer, mehrfacher deutscher Meister im Feldbogenschießen mit dem Blankbogen, hat getüftelt und kürzlich eine eigene, speziell fürs Stringwalking konzipierte Pfeilauflage auf den Markt gebracht, die Zniper Rest. Die Besonderheit: beim Schuss klappt der Auflagefinger nach vorn und unten weg und bleibt dort, gehalten von einem Magnetmechanismus im Gehäuse der Auflage. Der Widerstand des Magneten ist natürlich ebenso justierbar wie der Auflagefinger selbst, der waagerecht gestaltet ist im Gegensatz zum schrägen Finger der Bi-Drop und durch eine kleine Biegung am Ende den Pfeil sicher am Button hält. Zwar muss die Auflage nach jedem Schuss manuell resettet werden, aber das ist mit einem Finger schnell erledigt.
(Zniper Arrow Rest: der Auflagebereich ist nahezu waagerecht, die der Auflagefinger klappt nach unten weg, daher kein Hochfedern des Pfeils und dank der Magnetmechanik so gut wie kein Verschleiß)
Nach etlichen Experimenten mit Auflagen, zuletzt mit der Gabriel Bi-Drop, hab ich mir die Zniper selsbt mal an den Bogen gebaut. Sofort die erste Überraschung: Anbau und Einrichtung waren binnen fast schon Sekunden erledigt. Man sollte allerdings darauf achten, das richtige Modell zu erwischen. Die erste Version hatte noch eine etwas kurze Ausfräsung, sodass Besitzer von Mittelstücken wie Gillo G1 oder Best Moon mit der Feile nachhelfen mussten. Die neue, längere Variante passt auf alle Mittelstücke. Auch die Anpassung an Button und Pfeildicke war schnell erledigt, dank des waagerechten Auflagefingers entfällt das nervige Nachjustieren, wie man es bei einem schrägen Finger hat.
Beim ersten Probeschießen hat mich die Zniper dann voll überzeugt. Das Auslösen des Fallaway-Mechanismus funktioniert einwandfrei und kann manuell justiert werden, sodass die Auflage beispielsweise bei Maximalentfernung nicht mehr runterklappt. Die Justierung des Auflagefingers selbst ist ebenfalls dank zwei Schrauben ratzfatz erledigt. Das manuelle Resetten ist anfangs gewöhnungsbedürftig, aber keine große Aktion. Ich bin sogar fast dankbar dafür. Da ich die Tendenz hab, ein bisschen zu schnell zu schießen, nimmt mir das Resetten vorm Pfeil einlegen etwas das Tempo raus. Einzig mit den Vanes muss man etwas aufpassen. Höhere Federn können beim Schuss „hängenbleiben“, also entweder flachere Vanes nehmen oder die Nocke ein wenig drehen, sodass Auflagefinger und Button nicht gestreift werden.
Abgesehen von der Funktion lässt auch die Verarbeitung keine Wünsche offen. Das Gehäuse aus schwarz eloxiertem Alu macht einen robusten Eindruck. Der Auflagefinger mit seinen 1,5 mm Durchmesser hält einiges aus. Befestigung und Justierung funktionieren makellos. Schön: auch Ersatzschrauben und passendes Werkzeug gehören zum Lieferumfang. Besser geht es nicht.
Alles in allem bin ich bisher superzufrieden mit der Zniper und kann sie jedem Stringwalker ohne schlechtes Gewissen ans Herz legen. Das Konzept hatte mich von Beginn an neugierig gemacht, es ähnelt ohnehin den Fallaway-Auflagen vom Compound. Und es funktioniert einfach blendend, ich konnte auf jeden Fall feststellen, dass einige frühere Ausreißer, vermutlich durch das Hochfedern der alten Bi-Drop-Auflage, bisher nicht mehr vorgekommen sind. Das vertikale statt des bisher üblichen seitlichen Wegklappens funktioniert offenbar bestens.
Hübscher Nebeneffekt: dadurch, dass es absolut kein Hochfedern des Pfeils mehr gibt, wird der „Crawl“, also die Länge des Abgriffs unterhalb des Pfeils, massiv verkürzt, was für den Pfeilflug und die Energetik im Bogen ungemein förderlich ist. Kein Wunder, dass sich international so ziemlich alle Blankbogenschützen in der Barebow-Facebook-Gruppe, wo sich auch bekannte Namen wie John Demmer III herumtummeln, wie die Geier auf die Zniper gestürzt haben. Bisher war auch dort nur positives Feedback zu lesen.
Ich lehne mich mal soweit aus dem Fenster zu sagen, dass die Zniper Rest von Michael Meyer aktuell die wohl beste Blankbogen-Pfeilauflage für Stringwalker ist. Und er bastelt weiter dran, so zum Beispiel aktuell mit einem verlängerten Aufnahmefinger, der dickere Hallenpfeile verkraftet. Der ist auch einzeln erhältlich, sodass diejenigen, die bereits eine Zniper ihr Eigen nennen, nicht nochmals zur Kasse gebeten werden. Der Draht kann einfach ausgetauscht werden. Der Preis von 67,50 Euro für die Zniper ist jedenfalls eine gute Ausgabe, die Auflage kann über die Website von Michael Meyer bestellt werden.